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Geschichte der Höfe links neben der Domäne-Verwaltung (Marktplatz 16/16a)

OB KW28 OGK 02895FKSG 2895, Original im Generallandesarchiv Karlsruhe
Ortsplan von 1821. 1. beschriebenes Anwesen. Gegenüber Kalbsmarkt und 2. Rathaus (bis 1550), 3. Pfarrhaus (1800-25), 4. Domäne Verwaltungsgeb. (bis 1763), 5. Rathaus (ab ca. 1550), 6. Amtsdienerhaus.


Anfang des 16. Jahrhunderts war die Ostseite der Burg, direkt an der Schloßmauer und Schloßgraben, weniger bebaut. Die westliche Seite wurde bevorzugt, bot sie doch durch das die Straße absperrende Tor mehr Schutz. Zudem waren die Grundstücke auf der westlichen Seite und im "Kloidörfle" größer, die jährlich zu zahlende Sondersteuer (Sicherheitssteuer) allerdings auch höher.

Das Anwesen direkt im Anschluß an das Verwaltungsgebäude der Domäne war 1521 in zwei Höfe aufgeteilt, die aber zusammen gehörten. Es war jahrzehntelang das erste Anwesen auf der Ostseite, im Schutz der Burgmauer und des Burggeschützes, sowie des Torhauses (Wohnhaus des Torwärters des Schlosses) und des Brückentors. 1521 ererbten die Brüder Michael und Wendel Becker die Höfe von ihren Eltern. Auf den ältesten Sohn Michael war Haus, Scheune und Hof eingetragen. Er bearbeitete 44 Morgen Äcker und 3,5 Morgen Wiesen. Wendel erhielt lediglich das Haus, das näher am Verwaltungsgebäude der Domäne lag. Michael Becker musste an die Markgrafschaft für beide Teile eine Sondersteuer (Sicherheitssteuer) entrichten, obwohl der Hof geteilt war und nun zwei Besitzer hatte. Zwei weitere Becker sind in der Zeit noch benannt. Ein Hans Becker, der jedoch auf dem Straßenwart Holsteinshof hauste und ein Max Becker, von dem weiter nichts bekannt ist. Im Jahr 1550 wird Stefan Becker erwähnt, Sohn des Michael Becker und Gemeinderat. Er verkaufte 1568 den elterlichen Hof, um einen größeren zu erwerben. Ab dem Zeitpunkt verschwindet der Name Becker aus dem Steiner Namensverzeichnis. Leider ist über diese Sippe Becker nichts im Ortsfamilienbuch Stein zu finden.

Ab ca. 1526 sind die ersten Juden in Stein verzeichnet. Die Geschichte der jüdischen Bevölkerung zu der Zeit ist weitreichend bekannt. Sie lebten meist als Schutzbefohlene der Landesherren in den Städten, isoliert in eigenen Wohngebieten und umgeben von einer ihnen feindlichen durch das Christentum geprägten Bevölkerung. In den Dörfern waren sie lange kaum angesiedelt. Grundbesitz und Handwerk sowie teilweise auch Handel wurden ihnen weitgehend verboten; sie waren hauptsächlich als Geldleiher geduldet. Dennoch wohnte der Jude Bonus, dessen eigentlicher Name Bonam Baruch, des Juden zu Durlachs Sohn war, in Stein. Er bekam nach einer noch vorhandenen Urkunde (Durlach, 6.12.1566) von der markgräflichen Regierung das Recht, sich 6 Jahre lang, ab 1566 bis Martini 1573, in Stein niederzulassen. Eine Wohnung wurde ihm im kleineren, dem Forsthaus nächstgelegenen Hof zugewiesen. An seinen Aufenthalt war die Bedingung geknüpft, keinem der Leute „auf Wucher zu leihen”, sondern ehrlich und redlich zu hantieren und zu handeln. Das alles unter Androhung schwerer Strafe und der weiteren Forderung, beim Markgrafen jährlich 28 Gulden Tribut zu bezahlen. So zog der „Jud Bonus”, wie man ihn in Stein hieß, in das Haus. Nicht umsonst wurde ihm gerade diese Wohnung angewiesen, lebte er dort doch unter den Augen der herrschaftlichen Vögte und konnte zwecks Geldverleihs zugleich ohne gesehen zu werden von seiner Wohnung ins markgräfliche Schloß (Wohnung des Vogts und Amtmannes) gehen.

01095 fbFKSG-01095, Original von Renate Schmidt
Das Anwesen der Maß-Schneiderei Otto Fuchs, Marktplatz 16 im Jahr 1932/33. Links die dazu gehörende damalige Scheune, auf der „Staffel” Renate Schmidt geb. Fuchs, daneben ihre Mutter Lina geb. Kautz. Bemerkenswert auch der noch unverdolte Bach entlang der Straße.

1568 werden im zweiten Teil der Höfe zwei Brüder als Inhaber angegeben, wobei einer davon noch einen weiteren Wohnsitz hatte. Im Steiner Lagerbuch wurde er Matthis Sundheim genannt, er hieß allerdings Matthis Thormann und stammt aus Sundheim bei Kehl, der andere hieß Georg und wurde Jerg genannt. Der Ältere hatte sich 1568 in Stein mit der Witwe Ursula Fink geb. Küner  verheiratet, deren Mann Endris Fink schon Jahre zuvor verstorben war. Der jüngere Bruder wohnte bis 1573 auf dem unteren kleinen Hof, danach werden ihre Namen nicht mehr genannt.
Es folgte der 30jährige Krieg (1618-1648) mit all seinen Grausamkeiten und Zerstörungen. Auch das beschriebene Anwesen war im Krieg zerstört worden.
Besitzer nach dem Krieg war demnach Georg Kaucher, (laut Ortsfamilienbuch Hanß Stephan Kaucher, Ratsverwandter und gleichzeitig Besitzer des Gasthauses zum „Löwen”, verh. 1649 mit Anna Maria. Er starb 1699 mit 84 Jahren) Aber während das Nachbarhaus (Domäne) lange ein Trümmerhaufen blieb, versuchten Kauchers die Trümmer zu beseitigen und eine neue Wohnstätte zu schaffen. Kauchers Sohn Hanß Georg (Jerg), 1650 geboren, verheiratete sich 1674 mit Anna Maria Margareta Seitter und zog 1706 in den Neubau ein. Er starb 1710. Seine Witwe überlebte ihn um 13 Jahre (laut OFB um 17 J.) und war noch im Jahr 1718 als Inhaberin im Lagerbuch eingetragen.

Noch im Jahr 1700 verzeichnete eine Spezialakte beim Generallandesarchiv in Stein lediglich 39 Hausbesitzer. Der Wiederaufbau des Ortes nach dem 30jährigen Krieg war nur durch Zuzug von auswärtigen Familien möglich, zu hoch waren die menschlichen Verluste. So zogen neue Familien nach Stein und erhielten Bürgerrecht. Im Jahr 1682 kamen von Huchenfeld drei Brüder Morlock, aus Eisingen die Familien Bauer, Frey, Karst, Klotz, Kunzmann, Lindenmann, Mößner und Nothacker. Die Familien Dill und Kälber kamen aus Eutingen, aus Wössingen die Famile Weinbrecht, Hottinger aus Gernsbach, Gassenmeier aus Linzingen, Kusterer aus Unterreichenbach, Kauz aus Ispringen, Faßler aus Tiefenbach/Württ., Zipse aus Egringen bei Lörrach, Burger aus Heimingen, Britsch aus der Schweiz und Fuchs aus Tirol. Sie alle halfen mit, aus den Trümmern der Häuser und aus den verwüsteten und zu Wäldern verwachsenen Äcker wieder menschenwürdige Wohnstätten und blühendes Kulturland zu machen.

Unser beschriebenes Anwesen hatte 1731 Hans Jergs Sohn Sebastian Kaucher (*1688 †1756, verh. Anna Margharetha Britsch, *1695 †1766), zusammen mit seinem Schwager, Schuhmacher Hanß Jakob Knappschneider (*1699, †1752, verh. Ann Magdalena Kaucher *1697 †1774) übernommen. Im 18 Jh. wurde allgemein die Häusernummerierung durchgeführt und das Gebäude bekam die Hausnummer 31. Fast hundert Jahre später ist in einem Ortsplan von 1821 aus dem Generallandesarchiv ein Christoph Morlock als Besitzer verzeichnet. Es könnte sich hierbei um den Metzgermeister Christoph Morlock (*1751 †1818, verh. Christina Kaucher *1779 †1808) oder/und dessen Sohn Johann Christoph (*1780 †1864, verh. Augusta Kaucher *1781 †1857) handeln. Weitere verlässliche Unterlagen sind nicht mehr vorhanden. Am 13. Mai des Jahres 1827 war in Stein ein gewaltiges Hochwasser. In der großherzoglichen Domäneverwaltung, wo sich die Registratur befand, waren alle Räume mit Schlamm angefüllt. Papiere, Urkunden und Aufzeichnungen wurden davon bedeckt und somit nicht mehr verwendbar. Hier verliert sich die Auflistung der Hausbesitzer.

Bei der Einführung der straßengebundenen Nummernvergabe Mitte des 19. Jh. erhielten die Häuser die Bezeichnung Marktplatz 16 und 16a. Im Jahr 1930 erwarb Schneidermeister Otto Fuchs das Haus von einer Familie Lamprecht. Er richtete darin seine Maßschneiderei ein.