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Das Königsbacher Fachwerk-Rathaus.

02108 fbAus dem Gemeindearchiv: Der Bestandsplan ab 1864 (erstellt 1891). Das ansonsten ungenutzte Erdgeschoß bestand aus Wachlokal, Arrestzelle und dem rechts liegenden Eingang mit einfacher Treppe. Im 1. Stock der als Ratsschreiberei genutzte Saal und das Zimmer des Bürgermeisters. In einem weiteren Zimmer befand sich die Treppe zum Dachgeschoß.

 

Das den Marktplatz beherrschende Gebäude in Königsbach ist zweifelsfrei das Rathaus im Stil der Barockzeit mit seinem Zierfachwerk und Fenstererkern. Wann das Königsbacher Rathaus erbaut wurde, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber die fränkische Holzbauweise im deutschen Renaissancestil war von 1610 bis 1650 gebräuchlich. Dr. Rainer Laun (Regierungspräsidium Karlsruhe, Ref. 25 – Denkmalpflege) nennt in seinem Bericht über „Exemplarische Denkmalpflege am Beginn des 20. Jahrhunderts” das Baujahr 1672 für das Rathaus Königsbach. Warscheinlich wurde das Rathaus Jahre nach der Zerstörung im 30jährigen Krieg 1622 an gleicher Stelle und in seiner heutigen Grundform wieder aufgebaut und so steht es hier seit über 350 Jahren.

Die älteste, bislang bekannte archivalische Nachricht zum Rathaus ist über den Einbaues eines Wachlokals mit Arrestzelle 1864 überliefert. Rainer Laun schreibt dazu: „Bestandspläne von 1891 überliefern erstmals Grundrissstruktur und Nutzung aller Räume. Im Bereich der damals noch auf der linken Traufseite geöffneten Erdgeschossarkaden befand sich das Wachlokal zwischen dem Eingang ins ungenutzte Erdgeschoss und dem Aufgang ins Obergeschoss. Der auch als Ratsschreiberei genutzte Ratssaal befand sich in der vorderen Gebäudehälfte. In dem nordwestlichen Winkel zu einem – 1912 abgebrannten – Nachbarhaus lag an abgelegener Stelle das wohl nur selten benutzte Zimmer des Bürgermeisters.” Das abgebrannte Haus, von dem Laun schreibt, ist das verputzte Fachwerkhaus der Metzgerei Jung (Ärschle) direkt hinter dem Rathausbrunnen, welcher damals noch ein Tränkbrunnen mit vier abgestuften Wasserbecken war.

Bis 1891 war also das Wachlokal zwischen dem Eingang ins Erdgeschoß und dem Aufgang ins Obergeschoss. Für uns neu war, dass der Platz links unter den Arkaden offen war. Dafür fanden wir vor wenigen Wochen im Ortsarchiv einen Grundriss aus 1891, der den Bestand ab 1864 dokumentierte.

Doch noch eine Überraschung fand der Freundeskreis im Ortsarchiv: ein Dokument, das bewies, dass die damalige Gemeindeverwaltung in den 1890er Jahren an einen Rathausneubau dachte. Die Pläne für ein neues Rathaus mit integriertem Schulgebäude waren schon gezeichnet, es existieren dazu mindestens drei Grundrißzeichnungen, jeweils das Erdgeschoß und Obergeschoss umfassend. Doch zum geplanten Neubau kam es nicht. Vielleicht scheiterte es damals - wie im Ort Stein - am notwendigen Geld? Immerhin war z.B. der Neubau II mit rund 30.000 Mark Baukosten ausgezeichnet. Oder die Bevölkerung wollte den gewohnten Anblick des Fachwerkbaus nicht missen? Was immer der Grund war, dass uns das Rathaus erhalten blieb, wir sind heute sehr dankbar dafür. Wir werden über den geplanten Abriss umfassend recherchieren.

Rathausplan neuÜberraschung aus dem Gemeindearchiv: Einer von drei Plänen eines Rathau-Neubaus 1891. Im unteren Stock vorne ein Wartezimmer, das Zimmer des Bürgermeisters und des Ratschreibers sowie Archiv und ein Schrankzimmer. Links das Treppenhaus und die Toilette. Dahinter der Schulanbau, winkelig zum Hauptgebäude. Der eingezeichnete Schulsaal war für 60 Schüler geplant, darüber ein baugleicher Schulsaal. Im 2. Stock waren drei Zimmer (wahrscheinlich Lehrerwohnungen) geplant, sowie Speisekammer und Küche.

In Stein wurde das Rathaus Mitte/Ende des 19. Jh. mit „modernem” Gebäudeputz versehen, der das gesamte Fachwerk verdeckte. Dies wurde in Königsbach z.B. auch beim Gasthaus zum Ochsen, beim Schwanen oder bei der Metzgerei Jung neben dem Rathaus und bei weiteren Gebäuden praktiziert. Das Rathaus wurde offensichtlich von dieser „Modernisierungs-Sünde” verschont.

Eine Skizze des badischen Malers Karl Weysser (1833–1904) dokumentiert das frühe Erscheinungsbild des Rathauses. Sie ist auf 1868 datiert und darauf überliefert sind die damals noch vorhandenen 20-teiligen Originalfenster, die Vordächer und die seitliche Auskragung. Wie Sie sehen, sind an der linken Seite nach den Arkaden nochmals Fachwerkbauten, die die im vorigen Bericht erklärte seitliche Öffnung zeigen.

Rathaus WeyNachdem der Neubau nicht zustande kam, entschloß man sich 1892 zu einem grundlegenden Umbau des Rathauses.
Dieser schuf eine deutliche Verbesserung der räumlichen Infrastruktur. In der südöstlichen Gebäudeecke
wurde eine repräsentative dreiläufige Treppe ins Obergeschoss eingebaut, der zuvor offene Bereich wurde geschlossen, wodurch das Gebäude seinen rechteckigen Grundriss erhielt. Der Ratsaal wurde in die hintere Haushälfte verlegt. Hinter dem Giebel zum Marktplatz richtete man nun an prominenter Stelle nebeneinander die Zimmer für den Bürgermeister und den Ratsschreiber ein. Ein weiterer 1905 erfolgter Umbau betraf das Erdgeschoss, wobei abermals das Wachlokal verlegt und zusätzlich das Grundbuchamt eingerichtet wurde.

Dieses Foto von den Arkaden aus 1914 zeigt deutlich den nachträglich zugemauerten Teil der linken Seite. Die Ansätze sind noch bis heute zu sehen und es erklärt sich auch, warum der vertikale Fachwerkbalken nicht durchgängig bis an die Gebäudekante geht. Auf dem Foto zeigt sich ebenfalls, dass die Tafel, die Johannes Schoch zum Gedenken angebracht wurde, an der Stirnseite des Rathauses montiert war und erst später versetzt wurde.

Rathaus Arkaden

Im Kriegsjahr 1914/15 kam es dann zum „großen Umbau”. Diesen gingen ein fast zwei Jahre andauernden Schriftwechsel um Genehmigungen und Fördermitteln mit der Denkmalbehörde voraus. Die dann im Juli 1914 kaum begonnenen Bauarbeiten, wurden mit Hinweis auf die Mobilmachung am ersten August durch den Ausbruch
des Ersten Weltkriegs jäh unterbrochen. Auf Drängen des Bürgermeisters konnte bis Anfang September lediglich der offensichtlich unentbehrlichste Raum im Rathaus – der Ortsarrest – fertig gestellt werden. Im Februar 1915 begann der auf Heimaturlaub zurückgekehrte Zimmermeister Schöner mit der Dachreparatur und dem Einbau der neuen Treppe. Der inzwischen eingezogene Bautechniker Schwegler wurde ersetzt, doch größte Schwierigkeiten bereitete die Suche nach noch nicht „im Feindesland stehenden Handwerkern”. Überschattet von den sich zuspitzenden Kriegshandlungen endeten die Arbeiten am Rathaus am 26. Juli 1915.

Im Inneren wurde die Gefängniszelle zum dritten Mal verlegt, nun in die Nordostecke des Erdgeschosses. An ihrer Stelle wurde eine neue zentrale Abortanlage eingebaut und die zuvor neu errichtete Treppe durch eine noch großzügigere ersetzt, die bis ins Dachgeschoss fortgesetzt wurde.